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Vom Inhalt meines Kleiderschranks trage ich nur etwa 20%.

Von den ungefähr einhundert Apps auf meinem Smartphone brauche ich im Alltag nur zehn bis fünfzehn.

80% der Deutschen gegen Corona zu Impfen ging verhältnismäßig leicht. Bei den verbleibenden 20% sieht es anders aus.

Wenn ein neues Album erscheint, hat dieses zwischen 10 und 15 Songs. Bei der Promotion fokussiert man sich auf 2-3 Singles zu denen auch ein Video gemacht wird. Und auch die Hörer favorisieren etwa 20% eines Albums. Das lässt sich leicht auf Spotify nachprüfen.


Gibt es hier einen Zusammenhang? Den gibt es. Er wurde erforscht, wird vor allem in der Wirtschaft angewendet und ist auch für Musiker und Kreative relevant.


Der italienische Soziologen Vilfredo Pareto untersuchte 1897 die Verteilung des Grundbesitzes in Italien. Dabei fand er heraus, dass 80% davon nur 20% der Bevölkerung gehörten. Er empfahl den Banken ihre Geschäfte auf diese 20% zu konzentrieren.

Das Pareto Prinzip trägt den Namen seines Entdeckers und ist auch als 80/20 Regel bekannt. Es besagt dass oft 20% Aufwand ausreichen um 80% des gewünschten Ergebnisses zu erreichen. Für die verbleibenden 20%, mit denen du von 80% auf 100% kommst, ist der Aufwand viel höher. Dieser liegt bei 80%. Das Pareto Prinzip trägt damit der Tatsache Rechnung, dass Ursache und Wirkung selten in einem Verhältnis von eins zu eins stehen.


Wenn wir die 80% als gut und die 100% als perfekt definieren, ist der Schritt zur Perfektion ein unverhältnismäßig hoher Aufwand. Wer mit einem "gut" zufrieden ist, schafft also mehr als jemand der nach Perfektion strebt. Ich habe mich lange geweigert dieses Prinzip auf die Musik anzuwenden. Denn meine Musik/mein Spiel muss doch perfekt sein, um zu überzeugen. Das war zu kurz gedacht. Es geht nicht um die Qualität der Darbietung, sondern um den cleveren Einsatz unserer Ressourcen.


Hierzu zwei Beispiele:

Du hast jeden Tag 20 Minuten Zeit zum Üben. 10 Minuten gehen dafür drauf deine fünf Gitarren zu stimmen. Wenn du nur eine Gitarre stimmst hast du acht Minuten mehr Zeit zum Üben. Und wenn du vier von den fünf Gitarren verkaufst, kannst du dir einen besseren Lehrer leisten.

Für deinen neuen Track möchtest du den perfekten Sound. Dafür arbeitest du dich stundenlang durch Sound-Libarys und suchst nach passenden Drumsamples . Das ist durchaus ehrenhaft und sicher auch interessant. Nur, was will eigentlich dein Kunde, also der Hörer deines Tracks? Der durchschnittliche Hörer freut sich über einen guten Groove zum Tanzen und eine Melodie die im Ohr hängenbleibt. Deshalb ist es viel effektiver die Zeit für die Soundsuche zu reduzieren und den Fokus auf das zu legen was den Hörer glücklich macht.


Betrachte deine Musik doch einmal durch die 80/20 Brille. Hierzu einige Anregungen.


Welche 20% deiner Überoutine bringen dich am meisten voran? Reserviere 20% deiner Übezeit genau dafür (Pflicht). Die restlichen 80% deiner Übezeit konzentrierst du dich auf Themen die dir Spaß machen und dich motivieren (Kür). An stressigen Tagen mit wenig Zeit beschränkst du dich auf die 20% (Pflicht).


Gehörst du auch zu den Menschen die gerne Youtube Tutorials konsumieren? Was sind die 20% Tutorials die dich am meisten inspirieren oder beeindrucken. Packe diese auf eine Playlist. Suche dir aus jedem Tutorial ein einziges Highligt heraus. Fokussiere dich auf diese Highlights und übe sie so intensiv, dass sie dir in Fleisch und Blut übergehen.


Für elektronische Produzenten: Wie viele Spuren haben deine Produktionen im Durchschnitt? Schaffst du es einen Track zu produzieren der mit einem Beat und vier weiteren Spuren auskommt?


Wie hoch ist der Prozentsatz an Plugins, die du regelmäßig für deine Tracks verwendest? Probiere einmal nur diese Plugins für deinen Mix zu verwenden.


Versuche deine Songideen mit 20% Energie auf ein gutes 80% Level zu bekommen. Lass die Songs ein paar Wochen liegen und höre sie nicht an. Entscheide dann bei einer Listening-Session, welche der Songs du veröffentlichen möchtest. Perfektioniere nur diese und archiviere den Rest.

The first take is allways the best. Ein Satz den du im Studio bestimmt schon einmal gehört hast. Ich habe beste Erfahrungen damit gemacht, einen Anteil an First Takes in meinen Produktionen stehen zu lassen. Auch wenn sie meistens nur gut und nicht perfekt klingen, haben sie doch einen gewissen Charme, der sich nur mit hohem Aufwand reproduzieren lässt.


Liste all dein Equipment auf. Wieviel Prozent von dem was du besitzt verwendest du regelmäßig? Wieviel Aufwand für Pflege, Updates, Lagerfläche und "müsste, könnte, sollte"-Hirnkapazität beansprucht der Anteil deines Equipments, den du selten im Einsatz hast?


Lass die 80/20 Brille noch etwas auf. Betrachte deine Musik, deinen Alltag, deine Umgebung. Sicher fallen dir noch viele Sachen auf, bei denen sich der Aufwand reduzieren lässt.

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Es gibt ein Tool das mir im letzten Jahr geholfen hat, meinen kreativen Output deutlich zu steigern. Es ist nicht etwa mein Lieblingsbass oder ein abgefahrenes Audio-Gadget. Nein, es ist etwas das jeder als Smartphone App besitzt oder zum Beispiel in der Küche liegen hat. Mein Top Gear 2021 ist eine simple Küchenuhr, auch Timer genannt.

Dieser Timer hilft mir dabei meinen Output beim der Musikproduktion zu steigern.

Ich nehme mir täglich 15 Minuten Zeit um eine neue Idee zu entwickeln. Sobald die 15 Minuten um sind, höre ich auf zu arbeiten und exportiere das Ergebnis als MP3. So entsteht täglich eine neue musikalische Idee und manchmal sogar wesentlich mehr. Die besten Ideen werden dann in nachfolgenden Sessions weiterentwickelt.

15 Minuten mag nach wenig Zeit klingen. Aber das ist alles eine Sache der Übung. Anfangs waren es 30 Minuten. Im Laufe der Zeit wurde der Timer dann immer kürzer eingestellt. Jetzt bin ich bei täglichen 15 Minuten. Es ist unglaublich wie viele Ideen mit dieser Methode bereits entstanden sind. Viele davon würde ich niemals jemanden Vorspielen. Das ist okay. Jede kurze Session ist als kleine Kreativ-Übung unabhängig vom Ergebnis wertvoll. Ich lerne täglich etwas dazu. Mein Workflow verbessert sich. Ich schaffe es sogar Dinge zu auszuprobieren, die ich seit Jahren unter "könnte, sollte, müsste" vergraben hatte.


Man kann nicht Kreativer und Beurteilender gleichzeitig sein. Deshalb lasse ich mindestens eine Woche verstreichen bis ich mir die Ideen anhöre. 10-20% davon gefallen mir so gut, dass ich daran weiterarbeite. Das sind aufs Jahr gerechnet zwischen 30 und 60 Ideen. Nicht schlecht, oder?


Auch beim weiterspinnen der einzelnen musikalische Ideen hilft mir der Timer. Ich wähle jede Woche zwei Ideen aus, an denen ich jeweils 2x 30 Minuten weiterarbeite.

Damit bleibt mein Zeitbudget für die Musikproduktion übersichtlich und ich komme trotzdem gut voran

Diese Methode ist inspiriert vom Pareto Prinzip, Parkinsons Gesetz, der Walt-Disney-Methode und der Pomodoro Technik. Es lohnt sich diese Techniken einmal zu googeln. Oder du folgst einfach weiter meinem Blog. Ich werde zu jeder von ihnen einen Beitrag verfassen.

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Weniger ist mehr, das gilt auch für kreatives Arbeiten, denn die Limitierung unserer Möglichkeiten macht erst richtig kreativ. Versuche mal ein Bild zu malen in dem alle Farben vorkommen. Oder entwerfe eine Druckdokument mit ganz vielen verschiedenen Schrifttypen. Das Ergebnis wird immer unbefriedigend ausfallen.


Im Blogpost "Minimal Lego" habe ich davon erzählt, wie kreativ ich als Kind wurde, als ich für längere Zeit als einziges Spielzeug ein paar wenige Lego Bausteine zur Verfügung hatte. Diese Idee der Limitierung lässt sich super für alle kreativen Prozesse und auch beim Üben anwenden. Grundsätzlich bedeutet Limitierung das bewusste Einschränken von Möglichkeiten. Hast du schon mal versucht ein Musikstück auf einem "visuellen" Instrument wie Gitarre oder Klavier im Dunkeln zu spielen? Das wäre zum Beispiel die Limitierung deiner Sinneseindrücke. Probiere es gerne mal aus. Es ist nicht leicht. Aber wenn du an der Übung Gefallen findest, lernst du dein Instrument noch einmal ganz anders kennen.


LIMITIERUNG UND MUSIKPRODUKTION

Wenn ich Ideen für neue Stücke/Tracks sammle setze ich mir eine ganze Reihe von Limits:

Ein Zeitlimit von 10-15 Minuten hilft mir, mich nicht zu verzetteln. Mit dieser Methode habe ich in den letzten 1 ½ Jahren knapp 700 musikalische Ideen generiert. Nur die Besten entwickle ich weiter und setze mir auch hierfür ein Zeitlimit von 30 Minuten je Session.


Als elektronischer Musikproduzent stehen mir theoretisch unendlich viele Sounds und Audiospuren zur Verfügung. Das ist der größte Unterschied zu Bands und Ensembles mit festgelegten Besetzungen. Die Gefahr mich angesichts der zahllosen Optionen zu verzetteln ist groß! Deshalb setze ich vorab Regeln und schränke meine Möglichkeiten damit ein. Zum Beispiel limitiere ich die Zahl der erlaubten Audio- und Midispuren auf fünf. Konkret sind das ein Beat und vier Instrumentenspuren. Auch mit der Einschränkung von Sounds habe ich gute Erfahrungen gemacht. Das kann konkret bedeuten, den Track nur mit den verfügbaren Sounds eines Synthesizer Plugins zu erstellen. Auf jeder Audiospur ist also nur dieses eine Plugin erlaubt. Diese Methode ist super, wenn du dir ein neues Plugin zugelegt hast. Versuche eine Woche lang jeden Tag eine Idee ausschliesslich mit den Sounds dieses Plugins zu machen. Danach weißt du ob sich deine Neuanschaffung gelohnt hat.

Ein anderer Weg ist das Limitieren der Zeit für die Auswahl von Sounds. Das geht so: Ich öffne ein Synth-Plugin und wähle irgendeinen beliebigen Sound. Je weniger der Zufalls-Sound zu meiner Vorstellung oder in das bestehende Stück passt, umso kreativer muss ich sein.


LIMITIERTUNG AM INSTRUMENT

Auch beim Üben gibt es eine ganze Reihe von Limitierungen die du ausprobieren kannst. Hier ein paar Beispiele:

  • Improvisiere ein Solo mit maximal drei Tönen je Takt.

  • Halbiere deine Übezeit. Kompensiere die knappe Zeit durch gesteigerte Konzentration und die Fokussierung auf die wichtigste Übung.

  • Spiele eine Übung nur mit einer Hand oder einem Finger.

  • Spiele auf einem Bein stehend (=Limitierung des Gleichgewichts).

  • Erlaube dir beim Spielen einer Melodie nur eine stark begrenzte Anzahl an Phrasierungstechniken wie Slide oder Triller.

  • Schränke den Tonumfang beim Improvisieren stark ein. Das geht besonders gut bei Gitarren und Bässen. Beispiel: Improvisiere über Autumn Leaves mit Akkordtönen. Nur die Töne auf der A- und D-Saite zwischen fünften und zehnten Bund sind erlaubt.



Hast du mit solchen limitierenden Übungen schon Erfahrungen gemacht? Nutze gerne die die Kommentarfunktion und lasse mich und alle Leser/innen daran teilhaben!

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